Tafel 10 | Alte Kirche

Als die seelsorgerische Grundversorgung aus Bergamo kam

Der Kapuzinerpater Julius Stecchetti kam aus Bergamo, war hier Pfarrer und erkannte schon früh, dass der Kurboom seelsorgerisch betreut werden musste. So wurde das Kirchlein auf dem idyllischen Fleck am südlichen Waldrand 1886 eingeweiht. Das Pfarrhaus folgte zwei Jahre später, und damit die Hauptgottesdienste aus Platzgründen nicht mehr an die frische Luft verlegt werden mussten, wurde 1928 die neue Karlskirche erbaut.

Obervaz ist eine sehr alte Pfarrei. Eine frühmittelalterliche Saalkirche mit hufeisenförmiger Apsis aus dem 7. Jahrhundert ist nachgewiesen. Zur Maiensässzeit waren die Stammfraktionen aber fast menschenleer. Conradin Moor hinterliess seinen Nachfolgern 1658 im Taufbuch folgende pastorale Weisung: „Weil dieses Volk im Frühling, Sommer und Herbst in den Bergen zerstreut ist, muss der Pfarrer es zur Winterszeit eifrig in den Glaubenswahrheiten unterrichten.“

In ihrer Maiensässzeit gingen die Bauernfamilien einst nach Obervaz in den Gottesdienst. Jene von Sartons/Valbella besuchten auch Churwalden, die von Clavadoiras/Sundroina die Marienkirche in Lenz.

Während der 24. Juni 1882, der Tag der Kurhaus-Eröffnung, als Geburtstag des Kurorts gilt, symbolisiert der 3. August 1884, der Tag der Grundsteinlegung zur St. Carlo-Kirche, die Begründung der Ganzjahres-Dorfgemeinschaft. Der Kapuzinerpräfekt Pater Julius Stecchetti aus Bergamo, Pfarrer in Obervaz, erkannte früh die Zukunft der Lenzerheide als Kurort. 1884 initiierte er den Bau eines Kirchleins an einem geschützten, idyllischen Fleck am südlichen Waldrand. Die Gemeinde gab den Bauplatz gratis ab.

Der Bau wurde gemeinnützig finanziert. Pater Julius sammelte bei Gönnern und Freunden in Italien Geld. Der wichtigste einheimische Geldgeber war der ehemalige Auswanderer Jakob Fidel Margreth (Erbauer Haus Herold), der in Udine einen florierenden Holzhandel betrieb.

Am 3. August 1884 erfolgte die Grundsteinlegung. Pater Julius legte eifrig Hand an. Die Obervazer Bevölkerung leistete im Rahmen der Gemeindewerksordnung Frondienst, indem sie Steine, Sand und Holz zur Baustelle transportierte und von der Baukommission zu Arbeitseinsätzen aufgeboten wurde. Am 25. Juni 1886 wurde das Kirchlein eingeweiht. Zwei Jahre später baute Pater Julius das Pfarrhaus an.

Die Kirche war bald zu klein, sodass im Sommer der Hauptgottesdienst im Freien zelebriert werden musste. Mit der tatkräftigen Unterstützung einiger Ferienhausbesitzer in Lenzerheide, allen voran Dr. iur. Albert und Josy Geser-Rohner und Dr. iur. Johann und Antonia Bossi-Furger, entschied man sich für einen Neubau im Osten, bei dessen Errichtung wieder Frondienst geleistet wurde.

Das alte Kirchlein verfiel und diente jahrelang als Feuerwehrdepot. Den damaligen Abbruchbestrebungen erwuchs Opposition. 1965 und 1991 erfolgten Aussen- und Innenrenovationen, die das Zeugnis aus der Zeit der Kurortsgründung vor dem Abriss bewahrten.

Die 1928 erbaute neue Karlskirche wurde 1970 total renoviert. Ihr Dachreiter wurde dabei durch einen nordwestlich angebauten Kirchturm ersetzt. So konnte das ursprünglich tragende Joch zwischen Chor und Schiff mit Malereien zum mittelbündnerischen Wallfahrtsort Ziteil, auf dem Gemeindebiet des heutigen Salouf, abgebrochen werden. Das hohe Glasfenster im Chor, ein Werk des Zürcher Künstlers Enrico Leone Donati, stellt Christus am Kreuz dar und will mit den intensiven Farben und den nach oben strebenden Linien auf die Auferstehung hinweisen. Die geschnitzten Bilder des Kreuzweges, von einheimischen Familien gestiftet, schmückten bereits die ursprüngliche Kirche aus dem Jahre 1928.

Weitere spannende Informationen über die katholischen Kirchen unserer Gemeinde finden Sie unter: http://kath-lenzerheide.ch/unsere-kirchen/index.html

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